DBK-Vorsitzender Georg Bätzing eröffnet Vollversammlung mit kritischer Einschätzung

„Gott ist nicht mehr geläufig“

AUGSBURG – Mit einem abendlichen Gottesdienst im Augsburger Dom wird die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in der Fuggerstadt eröffnet. 61 Teilnehmer werden dazu erwartet: darunter der Apostolische Nuntius Nikola Eterovic, Kardinäle, Bischöfe, Weihbischöfe, Titularbischöfe und als Misereor-Gast Bischof Juan Carlos Cádenas Toro aus Kolumbien.

Rund drei Dutzend friedliche Demonstranten haben sich vor Beginn des Gottesdienstes auf dem Domplatz versammelt. „Eine Kirche der Zukunft braucht echte Gleichberechtigung“, „Für eine bunte Kirche“, steht auf ihren Plakaten und Transparenten zu lesen, und: „Echte Synodalität heißt Begegnung auf Augenhöhe“, „Berufen zum Mitentscheiden und nicht zum abnicken“.

In einem Tagesordungspunkt der DBK war vorgesehen, ein gemischtes Gremium aus Bischöfen und Laien zu wählen, das den synodalen Weg voranbringen sollte. Doch kurz vor Beginn der Frühjahrsvollversammlung traf ein „Blauer Brief“ aus dem Vatikan ein, der diesen Reformkurs stoppte und auf das weltweit gültige Kirchenrecht verwies (siehe auch Seite 4).

 Die Demonstranten am Domvorplatz harren dennoch aus und verteilen ein Flugblatt „Für echte Synodalität und eine zukunftsfähige Kirche!“ Die DBK-Teilnehmer bekommen die kleine Gruppe mit den Protestplakaten am südlichen Domvorplatz jedoch gar nicht zu sehen, denn sie betreten den Dom durch das Nordportal. 

Pünktlich auf die Minute beginnt um 18.30 Uhr der Gottesdienst. „Nun ist sie da, die rechte Zeit“, singen die Domsingknaben und die Gemeinde im Wechsel zum Einzug der Geistlichen. Der Limburger Bischof Georg Bätzing als DBK-Vorsitzender und Hauptzelebrant sowie acht Konzelebranten, darunter der Augsburger Diözesanbischof Bertram Meier, nehmen ihre Plätze im Chorraum ein. Die anderen Geistlichen lassen sich in den vorderen Sitzreihen des Doms nieder.

„Wie gut ist es und wie schön, wenn Brüder und Schwestern in Eintracht beisammen sind“ (PS133,1), begrüßt Bischof Bertram die Gläubigen. Er greift einen Gedanken von Papst Franziskus auf: Der Heilige Geist selbst sei Harmonie. Sie dürfe aber nicht mit einer gewissen Ruhe verwechselt werden: So könne in einer Gemeinschaft große Ruhe herrschen, aber sie befinde sich dennoch nicht in Harmonie.

Ein Bischof habe einmal festgestellt: „In der Diözese ist es ruhig. Aber wenn du dieses oder jenes Problem berührst, bricht sofort ein Krieg aus.“ Das sei dann eher eine ausgehandelte Harmonie und nicht die Harmonie des heiligen Geistes. „Möge uns der Heilige Geist einführen in den Zusammenklang der vielen Stimmen, die verschieden sein können, aber doch die Einheit suchen“, ruft Bischof Bertram den Gläubigen zu. 

Freundliches Willkommen

Hauptzelebrant Bischof Bätzing bedankt sich für „das freundliche Willkommen in der Stadt und im Bistum Augsburg“. Das Ulrichs-
Jubiläumsjahr, das in der Diözese Augsburg unter dem Motto „Mit dem Ohr des Herzens“ gefeiert wird, gebe Impulse, „wie wir besser hören können. Das sollten wir Bischöfe tun in den nächsten Tagen.“

In seiner Predigt geht Bätzing auf das Leben des heiligen Ulrich ein, der Trost spendend, mitfühlend und zuhörend gewesen sei. Er habe die christliche Nächstenliebe praktiziert. Doch dieses Lebensmodell sei heute offenbar nicht mehr besonders attraktiv. Die im November 2023 veröffentlichte Untersuchung zur Kirchenmitgliedschaft belege, „wie gering die Rolle ist, die der Glaube in der Gesellschaft hierzulande noch spielt“, bedauert Bätzing. „Gott ist nicht mehr geläufig. Wir sind von einem post-theistischen Klima umgeben. ,Ich bin der Herr, euer Gott‘  verliert sich zunehmend wie ein Echo in den Weiten des Raums.“ 

Der säkularisierende Großtrend, Entchristlichung und Entkirchlichung könnten offensichtlich weder durch strukturelle Optimierungsprozesse noch durch Initiativen neuer Evangelisierung aufgehalten werden. „Wir werden als Christen zur Minderheit“, sagt Bischof Bätzing. 

Das Christsein werde künftig wohl das, was es zu Beginn war: Eine Alternative zum Mainstream. „Als Minderheit werden wir zunehmend darauf angewiesen sein, dass man uns einlädt, unseren Argumenten zuhört, mit uns zu kooperieren bereit ist in den vielen herausfordernden gesellschaftlichen Fragen, die nach Lösungen rufen.“

Barbara Lang

21.02.2024 - Bistum Augsburg